Wenn einer Rechenstörung in Kindheit oder Jugend nicht angemessen begegnet wird, setzt sie sich mit Sicherheit ins
Erwachsenenalter fort. Die grundlegenden Miss- und Unverständnisse, die bei rechenschwachen Kindern vorzufinden sind,
"geben sich" nicht mit den Jahren ("Der Knoten platzt irgendwann!"; "Das wächst sich schon noch aus !").
Erwachsene, deren Rechenschwäche nicht zu Schulzeiten erkannt wurde, werden ihre Unkenntnisse wahrscheinlich auf geschicktere
Weise zu kompensieren oder zu verbergen wissen - die Schwierigkeiten mit alltagspraktischen mathematischen Fragestellungen
(wie z.B. der Umgang mit Geld, Fahrplänen etc., Schluss-rechnungen, Prozentrechnungen) werden dadurch nicht behoben.
Erwachsene mit Rechenschwäche haben meist viele Jahre des Misserfolgs hinter sich. Schlechte Mathematiknoten, verunglückte
Schullaufbahnen, abgebrochene Ausbildungen sowie soziale Ängste und Minderwertigkeitsgefühle sind bei ihnen die Regel.
Die Angst vor Zahlen, Rechnungen und mathematischen Fragestellungen hat sie geprägt und behindert täglich ihre Teilhabe am
beruflichen und gesellschaftlichen Leben.
Allerdings: Rechenschwäche ist ein Problem verpasster Lernchancen, nicht etwa mangelnder Intelligenz.
In einer Dyskalkulietherapie lernen rechenschwache Erwachsene, die Mathematik von Grund auf neu zu verstehen und zu
beherrschen. Ziel ist ein angstfreier und angemessen sicherer Umgang mit mathematischen Situationen in Alltag,
Ausbildung und Beruf.
Hinweise auf das Vorliegen einer Rechenschwäche können sein:
Rechenschwache Erwachsene wissen um ihre Schwäche, können aber nur schwer einschätzen, wie stark diese ausgeprägt ist
und welche Fördermaßnahmen angemessen sind.
Ein unverbindliches Beratungsgespräch kann hier Orientierung geben.
Ja. Zunächst einmal ein dickes Ja!
Wir hören selbstverständlich sofort: Aber ist es nicht längst "zu spät", ist nicht "der Zug längst abgefahren?"
Erstens schon - Aber zweitens:
Warum denn nicht? Kinder scheitern ja nicht deshalb an Mathematik, weil sie dafür prinzipiell "nicht begabt" wären, sondern
weil sie seit Beginn der Grundschule grundlegende mathematische Missverständnisse mit sich herumschleppen, die ihnen
dann zwangsläufig auch das Verstehen des Stoffs der weiterführenden Schule erschweren bis verunmöglichen.
Wenn aber diese Missverständnisse ausgeräumt werden, können auch diese Kinder - und solche, die jetzt erwachsen sind -
begreifen, was Dezimalzahlen und Brüche sind, wie Prozentangaben zu verstehen sind und was es bedeutet, wenn auf einmal
Buchstaben anstelle von Ziffern durch Rechenzeichen verbunden sind.
Also: Rechenschwäche ist ein Problem, das, wie die bekanntere Lese-/Rechtschreibschwäche, auch im Erwachsenenalter mit guten
Erfolgsaussichten behandelt werden kann. Nicht das Alter ist für den Lernerfolg entscheidend, sondern die Qualität der
Förderung. Um eine Rechenschwäche zu überwinden, ist allerdings ein umfassender Lernprozess notwendig, der nur gelingt, wenn
er fachkundig angeleitet und betreut wird.
Auch wenn man "den Anschluss verpasst hat", gibt es noch einen Zug, auf den man aufspringen kann.
Am Beginn einer Dyskalkulietherapie steht die qualitative, dialogzentrierte Diagnostik. Dabei wird ein Profil des
mathematischen Denkens erstellt, das den Leitfaden für die Therapieplanung darstellt.
Wir führen eine spezifische Diagnostik für Erwachsene durch, der neben den fundamentalen Themenbereichen der
Grundschulmathematik die jeweiligen erweiterten Stoffinhalte der weiterführenden Schulen zugrundegelegt sind. Bei Vorliegen
einer Dyskalkulie werden Therapiepläne entworfen, die dem jeweils angestrebten Bildungsweg angepasste Lerninterventionen
beinhalten.
Die Therapie setzt in den meisten Fällen beim Verständnis der Grundrechenarten und den Rechenfertigkeiten im Zahlenraum 100
an. Dies ist die Basis allen Rechnens und zugleich der typische Ausgangspunkt für schulisches Scheitern. Wenn diese
Grundlagen einmal hergestellt sind, verlieren auch Themen wie der Umgang mit Geld und Zeit, Maßzahlen, Bruchrechnung oder
Prozentrechnung ihren Schrecken.
Charakteristika einer Dyskalkulietherapie bei Erwachsenen:
Erwachsene durchlaufen die Etappen einer Dyskalkulietherapie normalerweise schneller als Kinder oder Jugendliche,
da sie über mehr Möglichkeiten verfügen, das Gelernte zu verknüpfen und anzuwenden.
Die Dauer der Lerntherapie und Häufigkeit der Therapiesitzungen werden individuell abgestimmt, da sie von der Ausprägung der
Rechenschwäche, den persönlichen Lernzielen und anderen Faktoren abhängen.
Die Mehrzahl der Erwachsenen kommt mit drängenden Problemen in die Therapie, z.B. einer bevorstehenden Prüfung oder
Überforderung bei stimmten beruflichen Aufgaben. In solchen Situationen werden sie lerntherapeutisch gezielt unterstützt.
Auch die begleitende Beratung von Ausbildern, Arbeitsvermittlern oder Vorgesetzten ist (bei Bedarf) ein Teil der Therapie.
Für die Kosten einer Dyskalkulietherapie gibt es in manchen Fällen Erstattungsmöglichkeiten. Junge Erwachsene können
unter bestimmten Voraussetzungen eine Kostenübernahme beim zuständigen Jugendamt beantragen. Auch andere Träger wie
Krankenkassen oder Jobcenter, Agentur für Arbeit sind in Einzelfällen bei der Umsetzung der Förderung behilflich.